Die SPD-Kreistagsfraktion Heidekreis wird in der Kreistagssitzung am 26.06.2020 für den von den Gutachtern und dem Aufsichtsrat des Heidekreis Klinikums favorisierten Standort F4 bei Bad Fallingbostel stimmen. „Es ist die wahrscheinlich schwierigste Entscheidung, die wir in der Wahlperiode zu treffen haben“, sagt der Fraktionschef Sebastian Zinke. „Unsere Entscheidung als Fraktion basiert auf den erhobenen Zahlen, Daten und Fakten, wir können aber den Bauch auch nicht gänzlich ausschalten“, so Zinke. Zwei Aspekte sind in der Diskussion um das richtige Grundstück immer wieder aufgetaucht: Sei nicht Dorfmark der bessere Standort, weil er gefühlt noch mehr als Bad Fallingbostel in der Mitte des Landkreises liege und könne sich der Landkreis den Neubau überhaupt leisten?
Die Sozialdemokraten im Kreistag beantragen die Erweiterung des Beschlusses um folgende Punkte:
Die Gespräche mit den Eigentümern der übrigen Flächen in Soltau, Dorfmark und Walsrode sollen durch den Landrat fortgesetzt werden, um notfalls ein weiteres Grundstück als Rückfallebene zu haben. Der Landrat wird beauftragt, einen Finanzierungsplan zu erarbeiten und mit der Kommunalaufsicht, den Kommunen und dem Kreistag abzustimmen.
„Letztlich benötigen wir eine eindeutige Mehrheit im Kreistag, um dem Projekt „neues Heidekreisklinikum“ den nötigen Schwung zu geben und auch gegenüber der Landesregierung zu zeigen, dass wir das Projekt verwirklichen wollen. Die SPD-Kreistagsfraktion ist sich ihrer Verantwortung sehr bewusst und gibt daher ein eindeutiges und geschlossenes Votum ab“, so Zinke abschließend.
Folgende Punkte haben für die SPD-Kreistagsfraktion bei der Abwägung zwischen Fakten und Bauchentscheidung den Ausschlag für die Fläche F4 gegeben:
1. Gesamtkonzept: Für die SPD-Kreistagsfraktion ist das neue Heidekreisklinikum Bestandteil
eines Gesundheitskonzepts für den gesamten Heidekreis. Die Heidekreis SPD hat auf einem
Sonderparteitag im letzten Jahr genau ein solches medizinisches Versorgungskonzept mit vier
Säulen gefordert:
a. An den Standorten der heutigen Krankenhäuser werden die vorhandenen medizinischen Versorgungszentren erweitert, so dass Behandlungen von jung bis alt (Family Center) möglich sind.
b. Die bisherigen Gebäude werden für die Einrichtung dringend erforderlicher Kurzzeit- und Dauerpflegeplätze genutzt.
c. Die Rettungswagen bleiben dezentral und wohnortnah an den bisherigen Standorten im Landkreis.
d. Eine qualitativ hochwertige stationäre medizinische Versorgung der Bevölkerung wird durch eines der modernsten Krankenhäuser Niedersachsens sichergestellt.
2. Gut erreichbar: Die autobahnnahe Fläche F4 kann von der Bundesstraße und der Kreisstraße erschlossen werden und ist aus dem gesamten Landkreis gut zu erreichen (schnellste Strecke lt. Google Maps jeweils ab Rathaus):
a. Bispingen 25 Minuten
b. Munster 30 Minuten
c. Schneverdingen 32 Minuten
d. Neuenkirchen 21 Minuten
e. Soltau 22 Minuten
f. Wietzendorf 21 Minuten
g. Walsrode 10 Minuten
h. Rethem 28 Minuten
i. Hodenhagen 15 Minuten
j. Schwarmstedt 23 Minuten
k. Lindwedel 27 Minuten
3. Größtes Fallpotential: Gemäß den vorgelegten Berechnungen der Firma Trinovis hat der Standort F4 das größte Potential an Patienten aus dem Heidekreis. Der Standort für das neue Heidekreisklinikum muss nicht nur zentral sein, er muss auch die größtmögliche Wahrscheinlichkeit dafür bieten, dass ausreichend Fälle den Weg in das neue Haus finden. Ziel ist es, dass sich das Krankenhaus mittelfristig wirtschaftlich selbst trägt, ohne auf einen Defizitausgleich aus dem Landkreishaushalt zurückgreifen zu müssen. Nach den Berechnungen ist die Wahrscheinlichkeit dafür auf der Fläche F4 am höchsten. Ebenfalls erhöht sich den Prognosen zufolge das Einzugsgebiet für die zusätzliche Mitversorgung von Patientinnen und Patienten aus benachbarten Landkreisen.
4. Erschließung von zwei Seiten: Die Fläche F4 lässt sich von zwei Seiten erschließen. Damit existiert zukünftig immer eine weitere Zufahrt, sollte die erste Zufahrt durch Unfälle, Bauarbeiten oder sonstige Behinderungen blockiert sein.
5. Bahnanschluss: Die Fläche F4 liegt in unmittelbarer Nähe zur Strecke der Heidebahn. Es wäre grundsätzlich möglich, hier eine Haltestelle „Kreisklinikum“ einzurichten, so dass das Krankenhaus für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für Patientinnen und Patienten und insbesondere für Besucherinnen und Besucher direkt mit der Heidebahn zu erreichen ist.
6. Topographie: Die Fläche F4 hat keine starke Hanglage, im Gegensatz zur potentiellen Fläche D4 bei Dorfmark. Die ebenere Fläche macht den Bau deutlich einfacher und wahrscheinlich auch günstiger. Insbesondere Einrichtungen wie der Hubschrauberlandeplatz benötigen eine ebene Fläche zum Starten und Landen.
7. Risiko Raumordnung: Nach der Raumordnung liegen Krankenhäuser normalerweise in Mittelzentren. Wenn ein Krankenhaus aber zwischen Mittelzentren gebaut werden soll, muss das besonders begründet werden. Beim Projekt neues Heidekreisklinikum ist dies möglich, da die bestehenden kleinen Krankenhäuser heute nicht mehr zukunftsfähig sind. Je ländlicher jedoch der ausgewählte Bauplatz ist, je höher werden die Anforderungen an die Begründung. Der Standort F4 grenzt direkt an das Grundzentrum Bad Fallingbostel an. Grundzentrum ist die nächst niedrigere Stufe nach den Mittelzentren. Die Fläche D4 (Dorfmark) stellt einen Ortsteil dar und liegt demzufolge nicht in einem Grundzentrum, so dass das Risiko hier höher wäre, dass ein Bebauungsplan für das neue Krankenhaus als rechtswidrig bewertet wird.
8. Flächengröße: Die Krankenhausplaner nennen eine Grundstücksgröße für das neue Gesamtklinikum von mindestens 12 Hektar. Dies ist erforderlich, da auch Platz für ausreichend Parkplätze und einen Hubschrauberlandeplatz vorhanden sein muss. Die Fläche F4 bietet gute Möglichkeiten für Erweiterungen.
9. Schnellste Erreichbarkeit in Notfällen: Die Fläche F4 hat nach Berechnungen bei der Fahrzeit
im Zusammenhang mit der Nofallversorgung die schnellste Erreichbarkeit für die Menschen im Heidekreis. Der Einwohneranteil, der bei einem Notfall das Krankenhaus in 15 Minuten erreicht, ist am Standort F4 am größten.
Wann fällt die endgültige Entscheidung?
Mit der jetzigen Entscheidung wird das Grundstück gesichert und nicht der Startschuss für den Bau gegeben. Das Land Niedersachsen setzt für die Durchführung eines europaweiten Architektenwettbewerbs ein verfügbares konkretes Grundstück voraus. Für den Siegerentwurf werden die konkreten Kosten berechnet. Dem Fördermittelgeber werden die Unterlagen HU-Bau und die Wirtschaftlichkeit des Projektes vorgelegt. Dann entscheiden sie darüber ob und in welcher Höhe der Neubau gefördert wird.
Mit der Kenntnis über die konkreten Planungen und die Höhe des Eigenanteils kann der Kreistag (voraussichtlich 2022) darüber entscheiden ob ein neues Heidekreisklinikum für die Bevölkerung gebaut werden soll. Ein Ja in der Kreistagssitzung am 26.06.2020 bedeutet also, dass die Planungen und Berechnungen erstellt werden und das Fördermittelverfahren beim Land Niedersachen fortgeführt wird. Ein Nein führt zum Ausstieg aus dem Projekt.